Vermeidungsarbeit

Wurde im letzten Artikel die Ermittlung und Verrechnung zwischen Netzbetreiber und Kraftwerksbetreiber bezüglich des Leistungsanteils der vermiedenen Netznutzungsentgelte (vNE) thematisiert, so soll in diesem Beitrag die zweite Komponente in Form der sogenannten Vermeidungsarbeit betrachtet werden. Die Vorgehensweise bei Leistungs- und Arbeitsabrechnung ist sehr ähnlich, jedoch bestehen einige Unterschiede in der letztendlichen Wertermittlung der relevanten Größen.

Als Beispiel diene wiederum ein Betreiber von Kraftwerksanlagen, die an das Energieversorgungsnetz der Hochspannung angeschlossen sind. Während es bei der Leistung noch um die erbrachten Megawatt [Einheit: MW] ging, so stehen bei der Energie bzw. Arbeit die produzierten Megawattstunden [MWh] im Vordergrund. Dies bedeutet, dass zur Ermittlung der Vermeidungsarbeit nicht die Leistung, sondern die aus der Hochspannungsebene entnommene Menge pro Abrechnungszeitraum relevant ist. Abnehmer sind hier die an das Verteilnetz der 110 kV-Ebene angeschlossenen Stromverbraucher (Kunden) sowie das nachgelagerte Netz einschließlich aller ihrer Spannungsebenen in Form von Mittel- und Niederspannung sowie der jeweils zwischengeschalteten Umspannebenen.

Wie schon bei der Vermeidungsleistung ist für die arbeitsanteiligen vNE nun wieder der Bezug aus dem vorgelagerten Netz entscheidend. Die vom jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber importierte bzw. erhaltene Menge wird dazu von der oben genannten Größe subtrahiert. Beide Werte ergeben sich als Summen ihrer jeweiligen Lastgänge respektive Zeitreihen in wiederum viertelstündlicher Granularität. Anschließend wird als weitere Kenngröße die dezentrale Einspeisung benötigt, also welche Arbeit im Betrachtungszeitraum durch die angeschlossenen Erzeuger insgesamt in das Stromnetz eingespeist wurde, so dass die Nutzung des vorgelagerten Netzes zur Deckung der Last im nachgelagerten Netz in Form von weiterem Strombezug vermieden werden konnte.

Analog zum Leistungsanteil wird nun ein prozentualer Skalierungsfaktor gebildet, der als Quotient aus Vermeidungsarbeit und dezentraler Erzeugung Aussage über die individuelle Einspeisemenge gibt. Mit diesem wird die über die Abrechnungsperiode erbrachte Erzeugung des jeweils betrachteten Kraftwerks multipliziert. Die so skalierte Menge repräsentiert die für die Vergütung des Anlagen- durch den Netzbetreiber heranzuziehende Größe und wird nun mit dem festgesetzten vNE-Leistungspreis aus dem Referenzpreisblatt des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers multipliziert. Im Ergebnis liegt nun die für das gesamte Jahr oder den betroffenen Zeitraum zu verrechnende Summe vor, die das jeweils betrachtete Kraftwerk individuell für die Vermeidung der Nutzung des vorgelagerten Netzes arbeitsbezogen vom Netzbetreiber erhält.

Wird ein anderer Abrechnungszeitraum, zum Beispiel zwecks Abschlagszahlung ein Monat betrachtet, so wird der ermittelte Gesamtbetrag in der Regel entsprechend verteilt. Wie bereits erläutert, erhalten nur jene Erzeugungsanlagen vom zuständigen Netzbetreiber leistungsanteilige vermiedene Netzentgelte, die zum Zeitpunkt der Entnahmehöchstlast (es zählt die Viertelstunde) am Netz waren und (Netto-)Strom eingespeist haben (Leistung > 0 MW bzw. folglich Arbeit > 0 MWh). Im Hinblick auf die Arbeit ist diese Regelung irrelevant; es erhalten hier grundsätzlich alle über die Zeitperiode einspeisenden Kraftwerke arbeitsanteilige Entgelte zur Vermeidung der Netznutzung.