In der Wechselspannung von elektrischen Verbundsystemen treten durch bestimmte lastseitige Stromverbraucher verursachte Frequenzanteile auf, die von der Sollfrequenz des synchronisierten europäischen Energieversorgungsnetzes in Höhe von 50 Hertz (Hz = 1/s) abweichen. Diese für die angeschlossenen elektrischen Betriebsmittel in der Regel schädlichen und daher zu vermeidenden sogenannten Oberschwingungen oder Harmonischen sollen in diesem Artikel behandelt werden.
Die technische Ursache von Oberschwingungen sind in der Regel nicht-lineare Verbraucher, das heißt elektrische Betriebsmittel mit einer nicht-linearen Strom-Spannungs-Kennlinie. Dies können herkömmliche elektronische Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel Computer, Fernseher, Ladegeräte oder Energiesparlampen, aber auch Motoren und Transformatoren zur Verbindung der verschiedenen Spannungsebenen des Stromnetzes sein, in denen bestimmte leistungselektronische Komponenten wie beispielsweise Gleich-, Wechselrichter oder Frequenzumrichter verbaut sind.
Aus dem nicht-idealen Zusammenhang zwischen elektrischem Strom und Spannung (auch I–U-Charakteristik, Strom-Spannungs-Kurve oder U–I-Diagramm genannt) kommt es zu einer nicht-sinusförmigen Stromentnahme dieser Verbraucher, was im Stromnetz in der Folge zu einem Spannungsabfall am Netzwiderstand führt, welcher die vorherrschende Netzspannung überlagert, diese verzerrt und somit unerwünschte Oberschwingungen im Stromnetz verursacht.
Der nicht-sinusförmige periodische Verlauf der Spannungskennlinie einer nicht-ohmschen (= nicht-proportionalen) Last kann anhand einer Fourier-Analyse wiederum in seine sinusförmigen Anteile zerlegt werden. Im Ergebnis der Reihenentwicklung bzw. Transformation erhält man den immanenten Grundschwingungsanteil mit f = 50 Hz sowie eine x-te Harmonische mit fO = x · 50 Hz. So wird für jede Frequenz ft zum Zeitpunkt t ein Amplitudenwert û als maximale Auslenkung (Scheitelwert) der periodischen bzw. sinusförmigen Wechselspannung bestimmt, die kumuliert über alle Frequenzwerte ungleich 50 Hz den Oberschwingungsgehalt im Netz bilden.
Der Begriff Oberschwingung (Ober- / Überfrequenz) verdeutlicht den Unterschied zur idealen und somit sinus-förmigen Grundschwingung als Grundfrequenz. Diese besitzt die Nennfrequenz von f = 50 Hz, während Oberschwingungen im Falle von ganzzahligen geraden und ungeraden Harmonischen die entsprechend höhere Frequenz eines Vielfachen der Grundschwingung annehmen, im Falle der dritten Harmonischen zum Beispiel fO = 3 · f = 150 Hz. Frequenzanteile, die kein Vielfaches der Grundschwingung von 50 Hz darstellen, werden im Gegensatz dazu als Zwischenharmonische bezeichnet. Liegt die Frequenz unterhalb der Sollfrequenz von 50 Hz, so werden diese Frequenzanteile entsprechend als Unterschwingungen oder Subharmonische bezeichnet.
Anforderungen an den durch nicht-lineare Lasten ins Versorgungsnetz eingetragenen Oberschwingungsgehalt sind in der einschlägigen Norm DIN EN 50160 („Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“) geregelt. Darüber hinaus werden in den DIN EN 61000 ff. („Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)“) Vorgaben bezüglich des zulässigen Oberschwingungsgehalts für die Hersteller elektrischer Verbrauchsgeräte definiert. Negative Auswirkungen von Oberschwingungen können Fehlfunktionen, Überlastungs- und Verschleißerscheinungen oder sogar die Zerstörung von elektrischen Betriebsmitteln sein. Als elektrotechnische Gegenmaßnahmen können in den Bauelementen elektrische Filter installiert werden, welche Oberschwingungen dämpfen, indem sie die Spannung von einem nicht-sinusförmigen in einen möglichst sinusförmigen Schwingungsverlauf richten (Bildquelle: Condensator Dominit GmbH).