Die Reservekraftwerksverordnung – Pro und Contra

Die vorhergehenden Beiträge dieser Artikelserie haben die Grundzüge, Inhalte und Spezifikationen der im Juli neu erlassenen Reservekraftwerksverordnung (ResKV) erläutert. In diesem Beitrag soll die das übergeordnete Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) materiell ausgestaltende Rechtsquelle nun aus Sicht der betroffenen Anlagenbetreiber, aber auch aus Sicht der Verbraucher einer kritischen Betrachtung unterzogen werden.

Prinzipiell können interessierte Betreiber ihre Kraftwerksanlagen auf freiwilliger Basis für die Netzreserve anmelden, indem sie auf eine Ausschreibung des zuständigen ÜNB in der jeweiligen Anschlussregelzone ihr Interesse bekunden (vgl. dazu Art. „Die Reservekraftwerksverordnung (ResKV) III“ f.). Dies wäre eine aktive, also eine fakultative Teilnahme an der Netzreserve. Kraft der VO kann nun jedoch auch eine passive, also eine auferlegte obligatorische Partizipation in Form einer Verpflichtung von Anlagen durch die BNetzA nach einer positiv verlaufenen Prüfung der betroffenen Erzeugungseinheit(en) auf Systemrelevanz durch die ÜNB erfolgen, denen im Rahmen des durch die VO vorgegebenen Prozederes eine besondere Rolle zukommt.

Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes sind die „Betreiber von Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie mit einer Nennleistung ab 10 MW […] verpflichtet, vorläufige und endgültige Stilllegungen ihrer Anlage oder von Teilkapazitäten ihrer Anlage dem systemverantwortlichen Betreiber des Übertragungsnetzes und der Bundesnetzagentur […] anzuzeigen.“

Im Falle einer geplanten vorläufigen oder endgültigen Stilllegung einer Anlage prüft der ÜNB nach Eingang einer solchen Meldung des jeweiligen Anlagenbetreibers gem. § 13a Abs. 1 Satz 5 EnWG unverzüglich, ob die gemeldete Erzeugungseinheit systemrelevant ist oder nicht (zur Definition des Begriffs Systemrelevanz vgl. Art. „Die Reservekraftwerksverordnung (ResKV) III“).

Wenn nun

  1. der ÜNB die für die Stilllegung vorgesehene Anlage als systemrelevant ausweist,
  2. dies danach durch die BNetzA genehmigt wird, und
  3. der Weiterbetrieb dieses Kraftwerks technisch und rechtlich möglich ist,

so kann die geplante Stilllegung der Anlage nicht nur kraft Gesetz untersagt werden, sondern die Erzeugungseinheit auch auf Grundlage der ResKV als Reservekraftwerk zur Bereitstellung von Netzreserve gegen eine entsprechende Vergütung (vgl. Art. „Die Reservekraftwerksverordnung (ResKV) II“) verpflichtet werden.

Diese als Zwangsmaßnahme anmutende Verpflichtung kann trotz der vorgestellten Vergütungssystematik einen wirtschaftlichen Verlust für Anlagenbetreiber bedeuten, da diese ihre Anlagen in der Regel gerade aus wirtschaftlichen Gründen vorläufig oder endgültig stillzulegen planen. Ein solcher Fall könnte aus Sicht betroffener Anlagenbetreiber unter Umständen somit als marktwirtschaftlich fragwürdig erscheinen. Als kritisch in Bezug auf die ResKV ist weiterhin zu sehen, dass mit der VO wieder eher die Regulierung statt des Wettbewerbs in den energiewirtschaftlichen Vordergrund rückt, der seit der um die Jahrtausendwende eingeläuteten Liberalisierung der Energiemärkte eigentlich forciert werden sollte.

Vorteilhaft hervorzuheben ist die Tatsache, dass durch die VO die relativ unklaren gesetzlichen Regelungen des EnWG klarifiziert werden. Weiterhin stellt die Reservekraftwerksverordnung insbesondere aus Konsumentensicht ein wichtiges und sinnvolles Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems und somit der für den Verbraucher elementaren Versorgungssicherheit dar. Ebenfalls positiv angemerkt werden kann die Bemühung, eine diesbezügliche gesetzliche Übergangsregelung (Befristung der VO bis 31.12.2017) bis zu Neuregelungen zur konventionellen und erneuerbaren Energieerzeugung (Stichwort Energiewende) zu schaffen.