Nord Stream-Gasreduktion

Im Artikel „Die Nord Stream-Pipeline“ von Christian Großner, M.Sc., wurde das gleichnamige Projekt vorgestellt, das seit 2011 über eine unterirdische Pipeline durch das Gebiet der Baltischen See Erdgas direkt von Russland nach Deutschland transportiert. Vor kurzem wurden die maximalen Gasliefermengen durch die beiden parallel verlaufenden Stränge der Fernverbindung vom russischen Erdgasförderunternehmen Gazprom reduziert.

Um den für einen fließenden Volumenstrom des Erdgases innerhalb der Leitungen der Pipeline „Nord Stream 1“ (die ebenfalls aus zwei Strängen bestehende Gasverbindung „Nord Stream 2“ wurde von der Bundesregierung noch nicht genehmigt) notwendigen Betriebsdruck herzustellen und in der Folge aufrechtzuerhalten, sind spezielle Gasturbinen erforderlich, die in den verschiedenen Verdichterstationen des Unterwassersystems installiert sind und das Medium für ein ausreichend hohes Druckgefälle zwischen den beiden Anlandepunkten Wyborg (Russland) nach Lubmin (Deutschland) komprimieren. Diese Aggregate wurden vom deutschen Energietechnikkonzern Siemens Energy produziert und im Jahr 2009 an die Betreibergesellschaft Nord Stream AG ausgeliefert.

Für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Ostsee-Pipeline und seiner Peripherie sind die verbauten Anlagen und deren Teile wie alle technischen Einrichtungen einer regelmäßigen Wartung, Instandhaltung und bei Bedarf Reparatur gemäß vertraglicher Vereinbarungen durch die jeweiligen Hersteller zu unterziehen. Eine solche planmäßige Überholung einer der eingesetzten Gasturbinen war unlängst fällig, die Siemens Energy aus technischen Gründen nur in seinem kanadischen Unternehmensstandort in Montreal durchführen konnte.

Die Reparatur der Turbine ist nach Firmenangaben nun abgeschlossen – aufgrund der von Kanada verhängten Sanktionen gegen Russland darf bzw. kann sie von Siemens derzeit jedoch nicht an die betroffene russische Verdichtungsstation der Pipeline zurückgeliefert werden. Durch das Fehlen der Gasturbine ist die Gesamtanlage folglich nicht mehr in der Lage, die maximal mögliche Fördermenge an Erdgas zu transportieren, da der notwendige Betriebsdruck für den Volllastbetrieb der Leitungen durch diesen Ausfall nicht mehr erreicht werden kann. Laut Betreiber beträgt die nominelle Transportkapazität des Projektes maximal rund 55 Mrd. Nm³ pro Jahr, was einer Gesamtmenge des Primärenergieträgers in Höhe von ca. 550 TWh/a Erdgas entspricht.

Daher muss die beförderbare Menge technisch bedingt den derzeitigen Betriebsbedingungen angepasst werden. Aus diesem Grund hatte Gazprom kürzlich eine Reduzierung der Lieferungen angekündigt. Dieses abgesenkte Produktionsniveau soll bis zum Eintreffen bzw. Einbau des reparierten Gasverdichteraggregats und der damit verbundenen wieder möglichen Druckerhöhung für ein maximales Transportvolumen beider Pipeline-Leitungen vom Versorger voraussichtlich beibehalten werden. Eine Verminderung der Liefermengen führt gemäß des volkswirtschaftlichen Prinzips von Angebot und Nachfrage zu einem steigenden Marktpreis für Erdgas. Ab dem 11. Juli 2022 folgt der reguläre zehntägige Wartungsstillstand des gesamten Anlagensystems.