Fracking I: Unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten

Heute freue ich mich sehr, in die neue Artikelserie zum derzeit viel diskutierten Thema „Hydraulic Fracturing“ (Fracking) einführen zu dürfen. Diese wird verfasst von meinem Arbeitskollegen Herrn Christian Großner, M.Sc., der an der Technischen Universität Clausthal das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit der Fachrichtung Energie- und Rohstoffmanagement absolviert hat. Vor diesem fachlichen Hintergrund und seinem großen persönlichen Interesse beschäftigt er sich vor allem mit den aktuellen Herausforderungen hinsichtlich einer zukunftsfähigen, insbesondere netzgebundenen Energieversorgung über konventionelle Primärenergieträger aus fossilen Rohstoffen.

Um dem steigenden Energiebedarf auch in Zukunft gerecht zu werden, ist es nötig, immer neue Quellen für die Energieversorgung zu erschließen. Hierbei spielen der technische Fortschritt und die steigenden Energiepreise eine entscheidende Rolle für die Wirtschaftlichkeit von Projekten. Damit ist auch zu begründen, dass sich das Interesse der Fördergesellschaften auch auf „unkonventionelle“ Rohstoffe erweitert hat.

Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass unkonventionelle Erdgase, insbesondere Shale Gas, dabei eine immer wichtigere Rolle spielen. Da die Förderraten in Europa rückläufig sind, wird Shale Gas als eine Möglichkeit betrachtet, diese Versorgungslücke vorerst zu schließen. In der folgenden Artikelserie soll über einige Themenfelder rund um das Thema Shale Gas berichtet werden. Hierbei wird auf die unkonventionellen Lagerstätten, Hydraulic Fracturing, den Shale Gas-Boom in den USA und das Shale Gas-Potenzial in Deutschland und ggfs. Europa eingegangen.

Die Bezeichnung „unkonventionell“ bezieht sich lediglich auf die Lagerstätte, in der das Gas gespeichert ist. Dieses Erdgas unterscheidet sich in der Zusammensetzung nicht von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten. Die unterschiedlichen Lagerstätten unterscheiden sich in erster Linie in der Durchlässigkeit (Permeabilität) des Speichergesteins. Doch wie entstehen diese Lagerstätten?

Erdgas ist vor Millionen von Jahren auf dem Boden der Meere aus großen Mengen organischen Materials unter Abschluss von Luftsauerstoff und durch Mitwirken von Bakterien entstanden. Innerhalb geologischer Zeiträume ist abgesunkenes Material von mächtigen Sedimentschichten überdeckt worden. Dies hatte eine Temperatur- und Druckerhöhung zur Folge. Das so entstandene Erdgas hat sich zunächst in den Poren des Muttergesteins aufgehalten (Bildquelle: rwe.com).

Dieser Zustand war jedoch nicht stabil, so dass später eine Wanderung (Migration) in höher liegende Formationen, das sogenannte Speichergestein, erfolgte. Das Gas wanderte durch dieses Gestein, bis es auf undurchlässige Schichten traf, die eine Erdgasfalle ausbildeten. Dort sammelte sich das Erdgas an und es entstand eine Lagerstätte. Die undurchlässigen Schichten können durch verschiedene geologische Strukturen hervorgerufen werden. Konventionelle Lagerstätten besitzen eine höhere Permeabilität und können ohne spezielle Bohrtechniken erschlossen werden (Bildquelle: rwe.com).

Für die Förderung von unkonventionellem Erdgas muss jedoch, bedingt durch die geringe Fließfähigkeit (im Bereich zwischen Nano- und Mikrodarcy), das sogenannte Hydraulic Fracturing oder kurz Fracking eingesetzt werden. Dieses ist hier am Beispiel von Öllagerstätten beschrieben. Shale Gas, Coal Bed Methane (Kohleflözgas) und Tight Gas sind die wohl wichtigsten unkonventionellen Erdgase.

Coal Bed Methane entsteht bei der Zersetzung organischen Materials in Kohlevorkommen.

Tight Gas ist eingeschlossen in undurchlässigem und nicht-porösem Sandstein oder Kalksteinformationen. Das Gas ist zwar in ein Speichergestein migriert, weist jedoch bedingt durch Diagenese und Wachstum von Mineralkörnern eine geringe Durchlässigkeit auf. Aufgrund der Migration werden Tight Gas-Lagerstätten oft als konventionelle Lagerstätten gesehen.

Shale Gas ist die bekannteste Art von Gas aus unkonventionellen Lagerstätten und hat in den Vereinigten Staaten seit dem Jahr 2006 einen Shale Gas-Boom ausgelöst (Bildquelle: Annual Energy Outlook 2014: Early Release Reference Case).

Bei Shale Gas findet keine Migration in ein Speichergestein statt, sondern es verbleibt im sogenannten Muttergestein. Hierbei handelt es sich in der Regel um Schichten aus Tonstein. Diese Gesteinsschichten sind also Muttergestein, Speichergestein und Erdgasfalle in einem. Diese Formationen können sich flächenmäßig über sehr große Gebiete erstrecken. Shale Gas ist in extrem kleinen Poren an die organischen Bestandteile der Schicht oder in Bruchzonen des Gesteins gebunden, was seinen sehr hohen Fließwiderstand begründet. Das Erdgas steckt praktisch im Gestein fest und könnte mit den bisher üblichen Fördermethoden nicht wirtschaftlich gewonnen werden.

Deshalb lagern in vielen Regionen der Welt noch große unerschlossene Shale Gas-Reserven im Untergrund. Diese Vorkommen zu fördern erfordert den Einsatz von Fracking-Technologien, um wirtschaftliche Produktionsraten erreichen zu können. Auch in Deutschland werden förderbare Shale Gas-Schichten vermutet. In Niedersachsen wurden fünf Explorationsbohrungen auf Shale Gas abgeteuft. Diese waren Damme 2 und 3, Lünne 1, Niedernwöhren 1 und Schlahe 1. Diese Bohrungen wurden von ExxonMobil abgeteuft (Bildquelle: ExxonMobil).

Im zweiten Beitrag dieser Artikelserie werde ich auf die umstrittene Fördertechnik Hydraulic Fracturing oder kurz Fracking näher eingehen.