Fehlerschlussarten

Neben dem im letzten Artikel beschriebenen Erdschluss gibt es in der elektrischen Energietechnik noch drei weitere Fehlerarten in Form des Kurz-, des Leiter- und des Körperschlusses, die in Stromnetzen des elektrischen Energieversorgungssystems unterschiedlicher Spannungsebenen auftreten können und in diesem Beitrag näher erklärt werden sollen.

Bei allen vier Fehlerarten handelt es sich jeweils um einen elektrischen Schluss und somit um eine aktive, das heißt um eine direkte oder indirekte leitende Verbindung zwischen Teilen und / oder Leitern elektrischer Betriebsmittel, die unerwünschterweise, zum Beispiel durch eine ungewollte Überbrückung oder durch einen Fehler, entstanden ist.

Der Begriff Körperschluss wurde bereits im Zusammenhang mit der vorangehenden Erläuterung des Erdschlusses aufgegriffen. Jedoch bezeichnet der Körperschluss keinen elektrischen Stromschluss mit einem menschlichen (oder tierischen) Körper, sondern mit einem leitfähigen Anlagenteil, beispielsweise einem Gehäuse. Dieser Körper steht im normalen Betriebszustand nicht unter Spannung, verhält sich im System also als passiver Teil. Dieses Bauteil wird aber durch den plötzlichen unbeabsichtigten Kontakt mit einem aktiven Leiter, z. B. dem L1, ein (aktiver) Teil des Stromkreises und weist dadurch ein entsprechendes Gefährdungspotenzial in Bezug auf potenzielle Stromunfälle auf.

Der klassische Kurzschluss entsteht demgegenüber bei einer ungewollten elektrischen Verbindung von zwei verschiedenen aktiven Teilen (Leitern), die unter Spannung stehen und demzufolge im konventionellen Betrieb ein unterschiedliches Potenzial aufweisen. Durch diese nahezu widerstandslose Überbrückung fließt ein hoher Kurzschlussstrom, der gemäß dem Ohmschen Gesetz, das die Proportionaliät zwischen der elektrischen Stromstärke I und der elektrischen Spannung U besagt (I = U / R mit R = elektrischer Widerstand, Impedanz), ein Vielfaches des ursprünglichen Betriebsstromes betragen kann und das initiale Spannungsgefälle zwischen beiden kurzgeschlossenen Leitern gegen 0 zurückführt. Beispiele in einem Dreileiter-Wechselstromnetz mit den drei Außenleitern L1, L2 und L3 sowie dem Neutralleiter N wäre dafür etwa die direkte Verbindung von L1- und N-Leiter oder von L1- und L2-Leiter. Bei einem elektrischen Kurzschluss ist im zugrundeliegenden Stromkreis kein Nutzwiderstand vorhanden. In der betrieblichen Praxis fällt über die Netzimpedanz stets ein zumindest geringer ohmscher Widerstand an.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der vierten und letzten installationstechnischen Fehlerart um einen sogenannten Leiterschluss, wenn bei dem eben beschriebenen Kurzschluss im Fehlerkreis zusätzlich noch eine Last in Form eines oder mehrerer Verbraucher anliegt. Auch hier besteht die Störung des regulären Stromflusses somit in einer unerwünschten direkten elektrischen Verbindung von leitenden bzw. aktiven Teilen. Liegt ein Nutzwiderstand an und wird der Schalter des Stromkreises zum Beispiel durch einen Isolationsfehler, einen Fremdkörper oder einen mechanischen Defekt (Kabelbruch) überbrückt, so kommt es aufgrund des vorhandenen ohmschen Widerstandes zu einem solchen Leiterschluss.

Sowohl bei einem elektrischen Kurz- als auch bei einem Leiterschluss können im Fehlerfall im Übrigen auch mehr als zwei Leiter bzw. aktive Teile unbeabsichtigt miteinander verbunden sein. Im Verbundsystem des elektrischen Energieversorgungsnetzes wird der Kurzschlussstrom durch den anliegenden Netzwiderstand begrenzt, während der von seiner Stärke her in der Regel deutlich geringere Leiterschlusstrom hingegen – zusätzlich zur systemimmanenten Netzimpedanz – von den oder die im Fehlerstromkreis installierten Lastwiderstände definiert wird. Um die Gefahr von Stromunfällen oder eines elektrischen Schlages bei Berührung der durch einen Fehlerschluss unter Spannung gesetzten Anlagenteile zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren, kommen in der Elektrotechnik beispielsweise sogenannte Schutzleiter, Überstromschutzeinrichtungen wie Schmelzsicherungen oder auch Leitungs- bzw. Fehlerstromschutzschalter zur Anwendung.