In elektrischen Stromnetzen kann es aus verschiedenen Ursachen zu unterschiedlichen Fehlerarten kommen, die von der für das vom Störfall betroffene Übertragungs- oder Verteilnetz zuständigen Netzbetriebsführung für eine stabile und zuverlässige Elektrizitätsversorgung umgehend zu beheben sind. Eine von diesen Störungen im elektrischen Verbundsystem ist der sogenannte Erdschluss, der in diesem Artikel beschrieben werden soll.
Wie alle Fehler im Netz kommt auch der Begriff Erdschluss aus der Installationstechnik, daher seien zunächst einige elektrotechnische Grundlagen am Beispiel des sogenannten konventionellen Schuko-Steckers (Abkürzung für Schutzkontakt) der Schutzklasse I mit dreiadriger Leitung angeführt. In einem solchen Schutzkontaktstecker sind drei Leiter installiert, die unterschiedliche Funktionen beinhalten und zu ihrer sofortigen Differenzierung auch in dunkler Umgebung mit verschiedenfarbigen Isolationen versehen sind.
Durch den sogenannten L(1)-Leiter fließt der Strom. Diese Phase wird daher auch als Außenleiter bezeichnet und besitzt in der Regel die Kabelfarbe braun. Die L-Leitung kann ihre Polarität und damit ihr Potenzial aufgrund der angelegten Wechselspannung in einem sinusförmigen Verlauf im Bereich zwischen +230 und -230 Volt (Nennspannung) ändern. Für einen ordnungsgemäßen Stromfluss wird zudem der sogenannte Neutral- oder Nullleiter benötigt, der in der Regel blau isoliert ist. Diese N-Leitung wird in der Elektrotechnik auch als „Erde“ bezeichnet und besitzt demnach ein sich nicht änderndes Potenzial von 0, was daher auch als Erdpotenzial verstanden wird. Schließlich gibt es den sicherheitstechnisch erforderlichen Schutzleiter, der auch als PE- (engl.: protective earth) oder Erdleitung bezeichnet wird, dessen Kabel zwecks eindeutiger Erkennbarkeit in der Regel eine grün-gelbe Signalfarbe besitzt. Diese Phase dient ausschließlich dem Personenschutz und führt im normalen Betriebszustand keinen Strom. Ausschließlich im Störungsfall, beispielsweise bei einem sogenannten Körperschluss (Körper hier im Sinne eines Anlagenteils, nicht des menschlichen Körpers), fließt durch die PE-Leitung ein Strom (ab), der sogenannte Fehlerstrom.
Unter dem Begriff Erdschluss versteht man nun eine in der Regel unerwünschte leitfähige Verbindung zwischen einem elektrisch aktiven, also stromführenden Teil, und der Erde bzw. einem geerdeten Teil. Der beispielsweise zwischen L1- und N-Leiter geschaltete Verbraucher sei in einem Dreileiter-Wechselstromnetz mit den Außenleitern L1, L2 und L3 von einem Gehäuse umgeben, welches geerdet ist. Kommt es durch einen Fehler (Beispiele dafür siehe unten) nun zu einer ungewollten Überbrückung zwischen dem L1-Leiter und dem Gehäuse mit Erdpotenzial, so entsteht eine ebenso unbeabsichtigte Verbindung zwischen dem L1- und dem PE-Leiter, was als Erdschluss bezeichnet wird.
Ein Erdschluss kann durch den unbeabsichtigten Kontakt eines Außenleiters zur Erde in der Praxis ein hohes Gefährdungspotenzial bergen. So fließen je nach Leistungsaufnahme des Netzes an der Fehlerstelle hohe Ströme, die zu hohen Spannungen sowie zu Störlichtbögen und thermischen Überlastungen führen können. Erdschlüsse können beispielsweise durch Vogelnester auf Spannungsmasten, Kabelbeschädigung, durch das Hineinwachsen von Bäumen in die Freileitung, Windschäden oder durch fehlerhafte Isolation der Anlage ausgelöst werden. Geeignete reaktive Maßnahmen der Netztechnik bei Erdschlussvorfällen sind insbesondere Netzschutzgeräte, Schmelzsicherungen oder Sicherungsautomaten für eine sofortige Abschaltung des elektrischen Energieversorgungsnetzes. Um dieses auch im Falle eines Erdschlusses – zumindest zeitlich befristet – weiter betreiben zu können, können vom Netzbetreiber in der Schalttechnik der Anlage adäquate Vorkehrungen zur Erdschlusskompensation verbaut werden.