Der Hermeneutische Umweltleistungszirkel

Im Artikel „Konzeptionelle Systematisierung von Umweltkennzahlen“ wurde im Rahmen der Entwicklung von Umweltkennzahlensystemen auch der sogenannte Hermeneutische Umweltleistungszirkel (HUZ) erwähnt – was ist unter diesem Begriff nun genau zu verstehen?

Sinn und Zweck eines HUZ ist es, die relevanten Umweltaspekte eines Unternehmens zu identifizieren, um auf diese Weise die Grundlagen für die Implementierung eines daraus resultierenden Umweltkennzahlensystems und einer entsprechenden Umweltleistungsbewertung (Environmental Performance Evaluation, EPE) zu schaffen. Die theoretische Basis für den HUZ bildet dabei der aus dem Qualitätsmanagement stammende Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP).

Ausgangspunkt des HUZ ist das Unternehmen, das initial und fortfolgend in mehreren Durchläufen („Zirkel“) im Sinne eines Stakeholder Assessments zunächst einmal sämtliche Anspruchsgruppen sowie deren Erwartungen, Wünsche und Interessen identifiziert. Diese internen wie auch externen Gruppen sind bspw. Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Anteilseigner, Behörden, Gutachter oder die Medien. Eine solche Ist-Analyse führt zu einer umfassenden Ermittlung aller bestehenden Umweltaspekte im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit v. a. unter sozio-gesellschaftlichen, aber auch eventuellen gesetzgeberischen Randbedingungen.

Die anschließende betriebliche Effektivitätsbewertung hat vor dem Hintergrund der zentralen Frage „Tun wir die richtigen Dinge?“ eine Priorisierung der im vorigen Schritt herausgearbeiteten Umweltaspekte zum Ziel. Oberstes Kriterium ist dabei stets die größtmögliche Entlastung der Umwelt bei gegebenen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen. Instrumente einer solchen Hierarchisierung von Umweltaspekten wären z. B. die ABC-Analyse oder die Nutzwertanalyse. Das Ergebnis einer Effektivitätsanalyse sind sogenannte Umweltleistungsparameter, die qualitativer oder quantitativer Natur sein können (z. B. Energiebedarf, Lärm oder Abfall).

Auf der nachgelagerten Stufe folgt die Entwicklung von Umweltleistungskriterien als typische Umweltkennzahlen aus den vormals determinierten Leistungsparametern (vgl. dazu auch Art. „Grundlagen und Anforderungen an Umweltkennzahlen“). Diese sollte das Unternehmen in enger Abstimmung mit den o. g. involvierten Anspruchsgruppen vornehmen, um eventuellen späteren Korrekturen proaktiv vorzubeugen. Die so identifizierten Kennzahlen fließen nun in das Umweltkennzahlensystem als Teil des Umweltleistungsprofils des Unternehmens ein.

Nun schließt sich im nächsten Zirkelschritt die sog. Effizienzbewertung an („Tun wir die Dinge richtig?“), die eine unternehmerische Prüfung der Umweltleistungskriterien und damit der Öko-Effizienz des Unternehmens auf Verbesserung(en) hin zum Inhalt hat. Das Ergebnis einer solchen Effizienzanaylse, die anhand eines externen oder internen Benchmarkings, wiederum einer ABC- oder auch einer Nutzwertanalyse durchgeführt werden kann, ist eine Zusammenstellung von geeigneten Optimierungsmaßnahmen, um die betrieblichen Abläufe im Hinblick auf die zugrundeliegenden Leistungskriterien effizienter zu gestalten.

Diese Aktivitäten werden dann im abschließenden Schritt der Optimierung technisch umgesetzt, wobei zuvor die entsprechenden Ressourcen und Randbedingungen wie z. B. Deadlines, Mittel und Verantwortlichkeiten (vgl. Art. „Umweltziele – ein Fallbeispiel aus der Praxis VII“) zu determinieren sind. Nach dem initialen Durchlauf des HUZ und der abschließenden obligatorischen Information der beteiligten Anspruchsgruppen beginnt das Unternehmen mit einer neuen Iteration, da nur durch wiederholtes Durchlaufen des Zirkels die Erfassung aller Anspruchsgruppen sowie Umweltaspekte und somit eine kontinuierliche Verbesserung der unternehmerischen Umweltleistung möglich ist. So können neue Gruppen und / oder Aspekte hinzukommen, alte wegfallen oder bereits bestehende sich qualitativ oder quantitativ verändern.

Die nachfolgende Abbildung stellt den HUZ in vereinfachter Form schematisch dar (nach: Umweltwirtschaftsforum, 8. Jg., H. 4, Springer-Verlag, Heidelberg, S. 50 – 56).