Gradienten der Windleistung im Netzbetrieb I

Ein weiteres Problem in bezug auf die Stromeinspeisung von Windenergie sind die im allgemeinen nicht prognostizierbaren Gradienten der eingespeisten Windleistung.

Die in den tausenden, im betroffenen norddeutschen Netzbereich gelegenen Windkraftgeneratoren erzeugte Leistung kann, in erster Linie durch die regional jeweils vorherrschenden Windstörungen und -fluktuationen bedingt, hohe Gradienten bezüglich der kumulierten Leistung aufweisen, die sich bis zu mehreren einhundert Megawatt pro Viertelstunde aufaddieren können und aufgrund der so erreichten Größenordnungen selbst durch die geeigneten thermischen Kraftwerke sowohl in positiver (Erzeugung, Lieferung, Turbinierbetrieb) als auch in negativer Lastrichtung (Bezug, Eigenbedarf, Pumpbetrieb) in der Regel nicht mehr auszugleichen sind.

Daraus folgen wiederum Leistungsverschiebungen zwischen den Regelzonen sowie eine verstärkte Unruhe des Netzbetriebs, was unter anderem auch durch die unten aufgeführte Abbildung ersichtlich wird. Hohe Gradienten der durch Windkraft eingespeisten Leistung, wie zum Beispiel gegen Mittag zwischen 12 und 15 Uhr (siehe Grafik), haben gemäß der Darstellung eine verstärkte Störung des Netzbetriebs im e.on-Verbundnetz zur Folge.

So verursachen beispielsweise Leistungsgradienten in Höhe von +300 MW / 15 min oder auch im negativen Bereich von z. B. –500 MW / 30 min diverse Schwankungen im Netzbetrieb, was sich als besonders problematisch erweist, da sie nicht prognostiziert und – selbst im Falle einer verlässlichen Vorhersage – vom betreffenden Netzregler darüber hinaus nicht ausgeglichen werden können.

Da die herkömmlichen Regelkraftwerke aber der gesetzlich vorgeschriebenen Priorität der Windenergie wegen nur dann liefern können bzw. dürfen, wenn Windleistung nicht respektive nicht ausreichend zur Verfügung steht, werden sie in eine Art „Lückenfüller-“ bzw. „-büßerrolle“ gedrängt. Andererseits lässt sich der Kraftwerkspark aufgrund dieser Tatsache jedoch auch nicht wesentlich reduzieren, da etwaige, mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Flautenperioden hinsichtlich der Windenergieerzeugung in jedem Fall zu überbrücken sind, was wiederum die Rentabilität von Kraftwerksinvestitionen in Frage stellt und somit die zukünftige Versorgungssicherheit gefährden könnte.

Quelle: „Problematische Energiespeicherung: Netzeinspeisung aus regenerativen Quellen“, in: ew Elektrizitätswirtschaft, Jahrgang 101, Heft 4, 2002, S. 36 – 40.