Das Kohleausstiegsgesetz

Vor gut einem Monat wurde das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland vom Bundeskabinett beschlossen. Fachliche Grundlage für das sogenannte Kohleausstiegsgesetz waren in diesem Zusammenhang die einschlägigen Empfehlungen der Experten der sogenannten Kohlekommission, die im Artikel „Deutschlands Ausstieg aus der Kohleverstromung“ vorgestellt wurden. In diesem Beitrag sollen nun die wesentlichen Eckpunkte dieser neuen Rechtsquelle zum geplanten deutschen Kohleausstieg betrachtet werden.

Um die internationalen und nationalen Klimaschutzziele vor dem Hintergrund der rechtsverbindlich festgelegten europäischen Klimaziele und der Zielbestimmungen des Pariser Klimaschutzübereinkommens aus dem Jahr 2015 erreichen zu können, ist insbesondere für das kohlelastige Deutschland ein Ausstieg aus der auch historisch bedingten Kohleverstromung aufgrund der neuesten klimawissenschaftlichen Erkenntnisse klimapolitisch erforderlich. So wurde bereits im Jahr 2018 vom Weltklimarat eine anthropogen, das heißt eine durch den Menschen verursachte globale Erwärmung in Höhe von 1,5 °C durch die Emission klimaschädlicher Treibhausgase (gemäß Kyoto-Protokoll Kohlenstoffdioxid, Methan, Distickstoffmonoxid, Fluorkohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid) festgestellt. Das Gesetz über die Beendigung der Nutzung von Braun- und Steinkohle in Großfeuerungsanlagen in Deutschland sollte sich nun an den Arbeiten und den daraus resultierenden, im letzten Jahr vorgelegten Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (Kohlekommission) orientieren.

Es enthält Regelungen zur Reduzierung und Beendigung der nationalen Stein- und Braunkohleverstromung, zur Löschung dadurch freiwerdender CO2-Emissionszertifikate, zur Kompensation der Stromverbraucher im Falle eines durch den Kohleausstieg bedingten Strompreisanstiegs, zur Zahlung eines Anpassungsgeldes an ältere Beschäftigte im Kohlesektor zur Erleichterung ihres Übergangs in den Ruhestand sowie schließlich zur Verlängerung und Weiterentwicklung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG), um die Umrüstung von Kohle auf flexible und klimafreundlichere Stromerzeugung wie zum Beispiel aus erneuerbar oder mit Erdgas betriebenen Erzeugungseinheiten zu fördern. Allerdings weicht es in mehreren substanziellen Punkten von den zugrundeliegenden Empfehlungen zu Lasten des ursprünglich angestrebten Klimaschutzes ab, was insbesondere bei Energieexperten, Umweltschutzverbänden und Mitgliedern der Kohlekommission auf Kritik stößt.

So sollen bis zum Jahr 2022 Braunkohlekraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von lediglich 2,8 Gigawatt (GW) anstatt der im Kompromiss festgelegten 3 GW stillgelegt werden. Weiterhin werden diese Kapazitäten zeitlich nicht kontinuierlich vom Netz genommen: zwischen 2022 und 2025 sind demzufolge keine Stilllegungen von Anlagen geplant; ein Großteil der vorgesehenen Abschaltungen wird stattdessen auf die Zeit nach 2030 verschoben. Insgesamt werden deutsche Braunkohlekraftwerke bis zum Jahr 2038 deutlich mehr CO2 ausstoßen als von der Kohlekommission vorgesehen. Dass auf der Grundlage eines Kohleausstiegsgesetzes mit Datteln IV ein neues Kohlekraftwerk ans Netz gehen darf, sorgt für weiteren Unmut. Die Bundesregierung begründet diesen Schritt damit, zunächst ältere, ineffizientere Steinkohlekraftwerke außer Betrieb zu nehmen, als für das modernere Kraftwerk Datteln IV die bereits vorliegende Genehmigung für die Inbetriebnahme zurückzunehmen und dem Betreiber Uniper hierfür eine hohe Entschädigung zu zahlen. Der Steinkohleblock am Dortmund-Ems-Kanal soll mit einer geplanten Gesamtleistung in Höhe von 1.052 MW el netto und einer Feuerungswärmeleistung von 2.600 MW th das leistungsfähigste Steinkohlekraftwerk Europas werden. Infolge seiner geplanten Inbetriebnahme im Juni diesen Jahres sollen zur Kompensation der dadurch anfallenden Mehremissionen (etwa 40 Millionen Tonnen CO2) Steinkohle-Sonderausschreibungen in Höhe von je einem GW Leistung in den Jahren 2023, 2024 und in 2025 vorgenommen werden. Ein letzter strittiger Punkt des Beschlusses sieht entgegen des Kommissionsziels zur Erhaltung des Hambacher Waldes und der betroffenen Dörfer die Abbaggerung weiterer Dörfer vor.

Vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wurde beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nach dem Beschluss des Kohleausstiegsgesetzes eine diesbezügliche Studie in Auftrag gegeben, die zu dem Ergebnis kommt, dass auf Grundlage des Gesetzes im Vergleich zu den ursprünglichen Empfehlungen der Kohlekommission bis zum Jahr 2040 sogar rund 134 Millionen Tonnen CO2 mehr ausgestoßen werden als dort vorgesehen. Will Deutschland jedoch die europäischen und globalen Emissionsminderungsziele erreichen, so müsse es bereits bis zum Jahr 2030 vollständig aus der Kohle aussteigen und die erneuerbare Energien entsprechend schneller ausbauen. Gleiches gilt für den Ausbau der deutschen Strom- und Gasnetze, um vor dem Hintergrund der angestrebten Dekarbonisierung eine sichere und bezahlbare Stromversorgung auf der Basis hocheffizienter Gaskraftwerke zu schaffen, die im Zuge der Energiewende den Übergang in eine treibhausgasneutrale Energieversorgung auf der Grundlage regenerativer Energiequellen ermöglichen.