Netztrennung und Stromausfall im UCTE-Verbund

Vor wenigen Tagen kam es auf der Hochspannungsebene des synchronisierten Europäischen Verbundnetzes zu einer Frequenzabweichung, die in der Folge zu einer Trennung der Region Südost-Europa vom Systemgebiet Kontinentaleuropa (ehemals UCTE) sowie zu längeren und großflächigen Stromausfällen führte.

Am Freitag um 14:05 Uhr meldete der deutsche Übertragungsnetzbetreiber, die Amprion GmbH, Dortmund, dass aufgrund einer Frequenzabweichung von rund 250 mHz das von diesem Störfall betroffene Stromnetz des Verbandes Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (engl.: European Network of Transmission System Operators for Electricity, ENTSO-E) teilweise vom kontinentaleuropäischen Gesamtsystem (ehem. UCTE; engl.: Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity, dt.: Union für die Koordinierung des Transports von Elektrizität) getrennt werden musste. Ursache für die Spannungsabweichung vom Sollwert in negativer Richtung war der gleichzeitige Ausfall von drei systemrelevanten Kraftwerksanlagen in Rumänien. Aufgrund des europaweiten Verbundnetzes ist bei einem solchen Schwarzfall jedoch grundsätzlich nicht nur die von der Richtwertdifferenz betroffene Region, sondern auch die Systemstabilität in den anderen europäischen Ländern gefährdet.

Da Amprion derzeit die Aufgabe des kontinentaleuropäischen Frequenzkoordinators wahrnimmt, hatte das Unternehmen gemeinsam mit den anderen beteiligten europäischen Übertragungsnetzbetreibern umgehend die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Elektrizitätsversorgung abgestimmt und eingeleitet, so dass durch entsprechende koordinierte Aktionen und kurzfristige Maßnahmen die Wahrung der Systemstabilität in den (meisten) europäischen Ländern sichergestellt werden konnte. In diesem durchaus schwerwiegenden Fall griff Stufe 1 eines fünfstufigen Maßnahmenkatalogs der ENTSO-E zur Kompensation sowie zum Schutz des Energiesystems in Bezug auf Über- und Unterfrequenzen, da sich durch diesen Zwischenfall im Stromnetz eine systemgefährdende Unterfrequenz zwischen 49,8 und 49 Hz eingestellt hatte.

Die notwendige Resynchronisierung des Netzes konnte um 15:08 Uhr erfolgreich durchgeführt werden. Die Ursache der Störung ist noch unbekannt. Eine detaillierte Untersuchung des Vorfalls wird derzeit durch den Netzbetreiberverband durchgeführt, dem auf Rechtsgrundlage der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 verpflichtend die 43 Übertragungsnetzbetreiber aus den 36 europäischen Ländern angehören. Der Sollwert für die Netzfrequenz in den europäischen Regelzonen des Übertragungsnetzes der ENTSO-E beträgt 50 Hz. Da durch die an das Hoch- und Höchstspannungsnetz (≥ 110 kV) angeschlossenen systemrelevanten Kraftwerksanlagen stets nie exakt soviel Strom produziert wie auf der Lastseite anschließend auch verbraucht wird, sind kleinere Differenzen zu dieser Normgröße in der Regel kein technisches und damit kein versorgungsseitiges Problem.

Über sogenannte Systemdienstleistungen wie insbesondere Regelenergie, Redispatch oder Netzreserve kann der ÜNB auf die jeweils aktuellen Einspeise- oder Lastschwankungen entsprechend reagieren. Weicht die Frequenz und damit die Spannung (sowohl in positiver als auch in negativer Richtung) jedoch zu stark vom oben genannten Richtwert ab, so kann es unter Umständen zu einem Schwarzfall, einem sogenannten Blackout, des Energieversorgungssystems kommen. Um das ebenso komplexe wie sensible Stromnetz als Kritische Infrastruktur (KRITIS) angemessen schützen zu können, ist es dem Netzbetreiber kraft Gesetz vorbehalten, zur Gewährleistung von Stabilität und Sicherheit der Elektrizitätsversorgung eine solche Systemtrennung bzw. Netzsplittung einzelner oder sogar mehrerer Regionen vorzunehmen.

Weiterführende Informationen auf dieser Internetseite zu den Themen Schwarzfall, Kritische Infrastruktur und Systemrelevanz finden sich zum Beispiel in den Artikeln „BLACKOUT – Morgen ist es zu spät“, „Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls“, „Systemrelevanz von Kraftwerksanlagen“, „Energie als kritische Infrastruktur“ oder „Schwarzstartfähigkeit von Kraftwerksanlagen“.