Schwarzstartfähigkeit von Kraftwerksanlagen

Im letzten Artikel „Cybersicherheit in KMU“ wurde der Begriff der Schwarzstartfähigkeit von Kraftwerksanlagen angesprochen, der vor dem Hintergrund eines flächendeckenden Stromausfallszenarios in Europa bereits im Beitrag „BLACKOUT – Morgen ist es zu spät“ zur Vorstellung des gleichnamigen Romans ein zentrales Thema war. Dieser Terminus soll im Folgenden näher erläutert werden.

Kommt es bezogen auf Fläche und / oder Dauer zu einem größeren Ausfall des Verteil- oder Übertragungsnetzes, so muss dieses vom zuständigen Netzbetreiber (VNB oder ÜNB) schnellstmöglich wieder hochgefahren, bzgl. der Netzfrequenz in Höhe von 50 Hz mit Wirk- und Blindleistung stabilisiert und gehalten werden, um eine sichere und dauerhafte Energieversorgung gewährleisten zu können. Da durch den Zusammenbruch jedoch keine Kraftwerke mehr mit dem Verbundnetz synchronisiert sind und demnach keinen Strom mehr in das Gesamtsystem einspeisen können, ist für den jeweiligen Operator gemäß eines bestehenden Notfallkommunikationsplans für das Kraftwerksmanagement bei einem Stromausfall eine entsprechende Impulsproduktion zwingend erforderlich, um entweder den stromseitigen Eigenbedarf eines Großblockes für den Wiederaufbau der Stromversorgung zu decken oder das Energienetz unmittelbar mit Hilfe dieser Systemdienstleistung sukzessive (= aufeinanderfolgende Synchronisation und Zuschaltung von Erzeugern und Verbrauchern gleichermaßen) wieder anfahren zu können.

Diese Energie wird von sogenannten schwarzstartfähigen Anlagen bereitgestellt, die – ohne an ein im Betrieb befindliches Versorgungsnetz angeschlossen zu sein – autonom arbeiten und die Behebung eines solchen Blackouts (Schwarzfall, eigentlich: „Verdunkelung“) selbstständig herbeiführen. Hierbei handelt es sich um Blöcke mit vergleichsweise geringem Eigenbedarf in der internen Anlageninfrastruktur wie zum Beispiel Pump- oder Laufwasserkraftwerke, Druckluftspeicher, regenerative Energien, Akkumulatoren, Notstrom- bzw. Dieselaggregate oder Großbatterien als Schwarzstartstromquellen. Konventionelle thermische Erzeugungseinheiten wie Atom- oder Kohlekraftwerke sind für einen Schwarzstart (engl.: black start) nur bedingt geeignet, da sie für eine Wiederanfahrt nach einem Netzausfall größere Energiemengen für die eigene technische Peripherie (z. B. Turbinen, Speisewasserpumpen, Förderanlagen, Stellmotoren, Sperrventile etc.) benötigen, um selbst wieder hochfahren und Strom in das kollabierte System für die Anfahrt weiterer ausgefallener Blöcke einspeisen zu können.

Auch Wärmekraftwerke eignen sich aus thermodynamischen bzw. verfahrenstechnischen Gründen aufgrund der Temperatursensitivität der Turbinenwellen weniger. Diese Anlagen können theoretisch schwarzstartfähig gemacht werden, indem man ihnen auf dem Gelände entsprechende Einheiten zur Seite stellt, die sie bei einem Blackout mit genügend externem Strom versorgen, um anschließend eigenproduzierte Energie in Form von thermischer (Wärme) und / oder elektrischer Leistung (Elektrizität) ins das System einzuspeisen. Da in einer solchen Notsituation jedoch schnell gehandelt werden muss, eignen sich vorzugsweise die erstgenannten flexiblen und schnellstartenden Einheiten aufgrund ihrer Fähigkeit, unabhängig vom Stromnetz aus dem abgeschalteten Zustand aus hochzufahren, (dauerhaft und vollständig) autark Energie zum Wiederanfahren nicht schwarzstartfähiger Blöcke einzuspeisen und gleichzeitig einem hohen Eingangsstrom infolge des vorausgegangenen Netzzusammenbruchs standzuhalten. Wie im Artikel „Systemrelevanz von Kraftwerksanlagen“ erläuert, erhalten schwarzstartfähige Anlagen aufgrund ihrer besonderen Eignung den Status einer wiederherstellungsfähigen und damit systemrelevanten Energieerzeugungseinheit.