Bahnstrom

Im Artikel „Das Gemeinschaftskraftwerk Bremen“ wurde die gleichnamige neue kombinierte Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) in Bremen vorgestellt, die standardmäßig Drehstrom für die allgemeine Energieversorgung erzeugt, aber mit Hilfe von dafür vorgesehenen sogenannten Umrichtern auch Strom für den Betrieb von Eisenbahnen produzieren kann. Dies soll in diesem Beitrag näher erläutert werden.

Die GuD am Standort Mittelsbüren speist – wie jede andere Kraftwerksanlage auch – Strom mit einer Wechselspannungsfrequenz in Höhe von 50 Hertz (SI-Einheitenzeichen: Hz) in das elektrische Energieversorgungsnetz des dort zuständigen Verteilnetzbetreibers, der Wesernetz Bremen GmbH, auf der 110 kV-Hochspannungsebene ein. Dies ist der in den europäischen und auch in vielen außereuropäischen Ländern bzw. Stromnetzen neben einer Netzspannung von 230 Volt (SI-Einheitenzeichen: V) festgelegte und somit einzuhaltende Wert, mit der der erzeugte Wechselstrom pro Sekunde anplitudenförmig, periodisch und fortdauernd schwingt, das heißt fünfzig Mal in dieser Zeiteinheit und beschreibt somit den Kehrwert der Periodendauer.

Die in der Anlage produzierte Elektrizität wird auf eine mit Schutzgas (Schwefelhexafluorid, SF6) isolierte Schaltanlage (engl.: gas-insulated switchgear, GIS) für Hochspannung geleitet, die nach der Funktionsweise einer Sammelschiene den Strom an drei ebenfalls angeschlossene Umrichter, die jeweils über eine installierte Nennleistung im zwei- bis dreistelligen Megawattbereich verfügen, weiterführt. Dabei handelt es sich in der Regel um rotierende synchrone, in moderner Bauart aber auch asynchron arbeitende Umformer mit dem Teilerfaktor 3. Dort erfolgt nun die Umwandlung bzw. die Umrichtung des eingespeisten Stroms, indem seine Frequenz von den oben genannten 50 Hz in den für das Bahnstromnetz erforderlichen Wert geändert wird. Dieser beträgt ein Drittel der Ursprungsfrequenz und nach Umformung durch die vorgenannten zwischengeschalteten Anlagen somit 50 Hz / 3 = 16 2/3 Hz.

Mittlerweile wurde die Sollfrequenz vieler Eisenbahnsysteme auf exakt 16,7 Hz geändert, wobei die resultierende Differenz zum vorgenannten Wert in Höhe von 7/90 im Rahmen der Toleranz liegt. Das Bahnstromnetz für die Energieversorgung elektrischer Bahnen und somit für den Antrieb von Triebfahrzeugen besteht demnach nicht nur frequentiell, sondern auch physisch abgekoppelt bzw. unabhängig vom konventionellen öffentlichen Stromsystem zur allgemeinen elektrischen Versorgung von Industrie, Gewerbe und Haushalten.

Dass antriebsfähige Eisenbahnen, bei der Deutschen Bahn beispielsweise ausschließlich Drehstromlokomotiven, ihren elektrischen Strombedarf nicht aus dem 50 Hz-Netz beziehen können, ist aufgrund der als elektrischer Antrieb für Schienenfahrzeuge verwendeten Reihenschlussmotoren verfahrenstechnisch begründet und bedingt somit die vorstehend beschriebene Frequenzumrichtung. Demgegebenüber kann der in den Kraftwerksanlagen erzeugte Drehstrom, der in der Elektrotechnik auch als Dreiphasenwechselstrom oder eine Form des Mehrphasenwechselstroms bezeichnet wird, da drei einzelne Wechselströme gleicher Frequenz zueinander in ihren Phasenwinkeln fest um 120° (im Bogen- bzw. Winkelmaß des Einheitskreises entsprechend 2π/3) verschoben sind, insbesondere bei der Verwendung von Asynchronmotoren im Zusammenhang mit dem Eisenbahnantrieb genutzt werden.