Umrichter

Im letzten Artikel wurde die Erzeugung von Strom für den elektrischen Antrieb von Eisenbahnfahrzeugen erläutert, was aufgrund einer unterschiedlichen Netzfrequenz des Bahnstroms erforderlich wird. In diesem Zusammenhang sollen im folgenden sowie im kommenden Beitrag die beiden derzeit bestehenden anlagen- und verfahrenstechnischen Optionen zur Generierung einer Wechselspannung aus dem herkömmlichen Drehstrom angesprochen werden, der zur allgemeinen Energieversorgung von Privat-, Gewerbe- und Industriekunden im konventionellen 50 Hz-Stromnetz verwendet wird, und die die physische Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Hoch- bzw. Höchstspannungsnetz einerseits sowie dem autonomen Hochspannungsnetz der Bahn andererseits darstellen.

Die beiden gängigen Möglichkeiten zur Umwandlung von Dreh- in Bahnstrom bestehen in den bereits angesprochenen Umrichteranlagen sowie in den heute nicht gängigen und somit nicht mehr gebauten Umformerwerken, die beide aus einer gegebenen Wechselspannung einen in Frequenz und Amplitude differenten Wechselstrom produzieren, der in das gesonderte Netz für den Betrieb von elektrischen Schienenfahrzeugen eingespeist wird. Die Amplitude bezeichnet dabei bei einem sinusförmigen Kurvenverlauf den Scheitel- oder Maximalwert der schwingenden Spannung. An dieser Stelle sollen die erstgenannten Wechselstrom-Umrichter behandelt werden, die auch als AC/AC-Konverter bezeichnet werden, da sie Wechselstrom (engl.: alternating current, AC) mit einer bestimmten Frequenz ebenfalls in Wechselstrom, jedoch mit einer abweichenden reduzierten Frequenz konvertieren.

Diese in Hertz (Hz) angegebene Netzfrequenz der elektrischen Energieversorgung mittels Wechselspannung ist in einem Stromversorgungsnetz – im Rahmen eines einzuhaltenden Toleranzbandes – zeitlich konstant sowie einheitlich und muss daher für die spezielle Anwendung im Bahnverkehr eigens umgerichtet werden. Im öffentlichen Versorgungssystem des europäischen Regelverbundes beträgt die nominale Frequenz des Stroms 50 Hz, im Bahnstromnetz besitzt die Frequenz seit dem Jahr 1995 hingegen einen Nennwert von 16,7 Hz – davor betrug die Sollfrequenz 16 2/3 Hz, was exakt einem Drittel der vorgenannten Verbundnetzfrequenz entspricht (Teilerfaktor 3).

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Systemen besteht in der Anzahl der sogenannten Phasen (Formelzeichen für die Phase bzw. den Phasenwinkel φ mit der Winkelmaß-Einheit Radiant, rad), also die jeweils aktuelle Position im Ablauf eines periodischen Vorgangs einer schwingenden Wechselspannung: die miteinander für einen bilateralen Leistungsaustausch gekoppelten Verbundnetze der Eisenbahnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz führen in der Regel Wechselstrom mit nur einer Phase (Einphasenwechselstrom), während das öffentliche Höchstspannungsnetz mit Spannungsebenen in Höhe von 220 und 380 Kilovolt (kV) Drehstrom und somit Wechselstrom mit drei übereinandergelagerten bzw. in ihren Winkeln fest zueinander verschobenen Phasen verwendet (Mehrphasenwechselstrom).

In Deutschland existieren historisch bedingt Bahnstromumformer- und -umrichterwerke gleichermaßen nebeneinander, wobei erstere sukzessive ersetzt und seit dem Jahr 2002 nicht mehr gebaut werden. Erfolgt die Frequenzänderung des Wechselstroms in den Umformermaschinen mechanisch, das heißt durch rotierende Massen, so wandeln in Umrichteranlagen als Systeme ohne mechanische Teile demgegenüber allein elektronische Bauteile den Strom. Umformer arbeiten rotierend, Umrichter entsprechend statisch auf der Basis von Halbleitern.

Die weltweit größte Umrichteranlage für Bahnstrom mit einer maximalen Übertragungsleistung von 413 MW wurde im Jahr 2014 in Datteln, Nordrhein-Westfalen, auf dem Gelände des dortigen Steinkohlekraftwerks des deutschen Energieversorgungsunternehmens Uniper Kraftwerke GmbH gebaut, besteht aus vier einzelnen Anlagenblöcken zur Deckung von etwa einem Viertel des gesamten deutschen Bahnstrombedarfs und wurde vom Schweizer Energie- und Automatisierungstechnikkonzern ABB entwickelt. Umrichterwerke wandeln Strom, der entweder in Kraftwerken des Verbundnetzes erzeugt wird oder aber über die Börse bzw. die Großhandelsmärkte aus dem öffentlichen 50 Hz-Netz eingekauften Strom (letzterer macht etwa ein Drittel des anfallenden Bahnstroms in Deutschland aus).