Intelligente Stromnetze (Smart Grids) I

Im Artikel „Künstliche Intelligenz in der Energiewirtschaft“ wurden Beispiele für KI-Anwendungen in der Energiewirtschaft wie der automatisierte Handel oder sogenannte Smart Grid-Komponenten für die Steuerung von Elektrizitätsversorgungssystemen angesprochen. Da das Algorithmic Trading auf dieser Internetseite bereits eingehend erläutert wurde, sollen in diesem Beitrag intelligente Stromnetze (engl.: smart grids) vorgestellt werden.

Ein solches integriertes Energiesystem besteht im Wesentlichen aus den vier zentralen Hauptakteuren des Energiemarktes, die im Rahmen von Smart Grids kommunikativ miteinander verbunden sind und über die intelligente Steuerung in Echtzeit und automatisiert via Mess- und Regelungstechnik angesprochen werden können. Diese vernetzten Komponenten entlang der energiewirtschaftlichen Prozess- und Wertschöpfungskette bestehen erstens in der Stromerzeugung, zweitens in der Stromübertragung und -verteilung, drittens in der Stromspeicherung sowie viertens im Stromverbrauch, wobei die ersten beiden Systemelemente in diesem und die letzten beiden Themenfelder im nächsten Artikel beschrieben werden sollen.

Die Energiegewinnung erfolgt heute größtenteils noch zentral über die Verbrennung fossiler Primärenergieträger in herkömmlichen Kraftwerken, während zum einen die dezentrale Stromproduktion hinsichtlich Anlagengröße und Einspeiseebene sowie zum anderen die Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. So werden mit Uran, Kohle, Erdöl und Erdgas betriebene konventionelle Kraftwerke tendenziell durch Photovoltaik-, Solarthermie-, Windkraft- oder Biogasanlagen ersetzt – das zentrale Schlagwort lautet in diesem Zusammenhang „Dekarbonisierung“, das heißt der Aufbau eines neuen oder die Umstellung eines bestehenden Energiesystems mit dem Ziel der sukzessiven Reduktion und letztlich der vollständigen Vermeidung von klimaschädlichen CO2-Emissionen).  Diese bringen jedoch teilweise das Problem einer schwieriger zu deckenden fluktuativen, also schwankenden Einspeisung außerhalb der konstanten und daher gut prognostizier- und deckbaren Grundlast (engl.: base load) mit sich. Ebenso speisen neu gebaute Kraftwerke wie zum Beispiel kleinere KWK- (Kraft-Wärme-Kopplungs-) Anlagen nicht mehr in die vorgelagerten Höchst- oder Hochspannungsnetze (≥ 110 kV), sondern in die nachgelagerten Nieder- oder Mittelspannungsebenen (< 110 kV) ein, was wiederum den im nachfolgenden erklärten Systempunkt betrifft.

Die zweitgenannte Energieübertragung in Form des elektrischen Netzmanagements und der zugehörigen peripheren -infrastruktur kann insofern optimiert werden, indem die zwischen Quelle (Erzeuger) und Senke (Verbraucher) über die dazwischen installierten Netzeinheiten (Transformatoren-, Umspanner- oder Umrichterstationen) zu übertragenden Energieströme zeitlich bedarfsangepasst verlagert werden. Diese Verschiebung in Zeiten mit geringerer Auslastung der Übertragungs- und / oder Verteilungsnetze für Elektrizität, die eine kleinere Dimensionierung der Netzbetriebsmittel und somit potenzielle Kostenvorteile auf Seiten des jeweiligen Systemoperators (ÜNB oder VNB) ermöglicht, erfolgt jedoch stets unter Berücksichtigung der systemseitigen Anforderungen wie Spannungshaltung und Aufrechterhaltung der Netzstabilität im betroffenen Elektrizitätsversorgungsnetz. Eine weitere Möglichkeit neben der Nutzung von Niedertarif-Zeiten (NT, Offpeak) für einen intelligenten Stromverbrauch wäre beispielsweise die Vermeidung oder zumindest die Reduktion der (teuren) maximalen Netznutzung (auch als Netzbezugsspitze oder Netzbriefmarke bezeichnet), um die zeitliche und räumliche Auslastung des gesamten Systems möglichst konstant zu halten. Dazu eignen sich finanzielle Anreizmodelle wie zum Beispiel die atypische Netznutzung, die in den Artikeln „Die atypische Netznutzung I“ f. erläutert wurde.