Speicherung von erneuerbarem Überschussstrom als Wasserstoff

Im vorigen Artikel wurde das grundsätzliche Problem der Energiespeicherung angesprochen. Wird Strom aus erneuerbaren Anlagen in Zeiten von Wind oder Sonne nicht verbraucht, kann er stattdessen nicht ohne geeignete Technologie und vor allem nicht in der anfallenden Menge gespeichert werden. Nun soll mit regenerativ produziertem Überschussstrom durch die Aufspaltung von Wasser Wasserstoff erzeugt und ins Erdgasnetz eingespeist werden. Der chemische Prozess der sogenannten Elektrolyse von Wasser ist hinreichend bekannt und wurde bereits im Artikel „Hybridkraftwerke zur Speicherung von Windenergie“ vom Februar 2011 vorgestellt.

Dazu wurden zwei Konsortien gegründet, die jeweils aus Stromnetzbetreibern und Gasversorgungsunternehmen bestehen und in Form von Pilotprojekten in den nächsten Jahren zwei industrielle Großanlagen in Norddeutschland errichten wollen. Einerseits TenneT, Gasunie und ThyssenGas sowie Amprion und Open Grid Europe andererseits planen den erneuerbar anfallenden Überschussstrom in den zahlreichen Pipelines und unterirdischen Kavernen des deutschen Erdgasnetzes zu speichern, indem mit seiner Energie Wasser (H2O) in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) elementarchemisch aufgespalten wird.

Im Gegensatz zu den derzeit sehr begrenzten Möglichkeiten der Stromspeicherung wie zum Beispiel mit Hilfe von teuren und kapazitätsmäßig begrenzten Großbatterien bietet die Infrastruktur des nationalen Gasnetzes riesige freie Kapazitäten, worin sich der Wasserstoff direkt und technisch problemlos bis zu einem Anteil von zwei Prozent einspeisen lässt. Das im Gasnetz entstehende Erdgas-Wasserstoff-Gemisch hat ungefähr den Heizwert, also die bei einer Verbrennung maximal nutzbare Wärmemenge, von Methan (CH4) und somit etwa 35,89 MJ · m–3.

Auf diesem Wege kann überschüssige erneuerbar produzierte Energie vom Norden via Übertragungsnetz in den laststarken Süden transportiert werden, zumal die dortige Verbrauchsdeckung angesichts der geplanten Verknappung von konventionellen Kraftwerkskapazitäten ohnehin abnehmen wird. An den Gasausspeisepunkten des Netzes, den sogenannten Exits, kann das Gasgemisch dann überall in Deutschland über den normalen Nominierungsprozess finanziell gebucht und physisch entnommen werden, um es in Gaskraftwerken, zum Beispiel in kombinierten Gas- und Dampfkraftwerken oder in klassischen Gasturbinen, als Primärbrennstoff zu verfeuern und so Strom zu erzeugen.

Herrscht heutzutage die sogenannte dunkle Flaute (keine Sonne und kein oder nur wenig Wind), so werden teurere und CO2-emittierende Kohlekraftwerke aus dem Stillstand an- oder aus dem laufenden Betrieb wenn noch möglich hochgefahren, um die so enstandene Lücke zwischen Erzeugung und Last bzw. Verbrauch zu schließen oder zumindest zu reduzieren. Dies steht den deutschen Klimazielen jedoch konträr gegenüber; darüber hinaus werden konventionelle Anlagen durch den anvisierten deutschen Kern- und Kohleausstieg (vgl. Artikel „Deutschlands Ausstieg aus der Kohleverstromung“) sukzessive vom Netz genommen. Im Gegensatz dazu soll im nationalen Energiesystem die hier vorgestellte Technologie „Power-to-Gas“, also die Umwandlung von Strom zu Wasserstoff, in den nächsten Jahren im Gigawatt-Maßstab zur Verfügung stehen.

Erste Erfahrungen auf diesem Sektor sollen in diesem Zusammenhang die beiden Anlagen von jeweils 100 MW installierter Nennleistung bringen, was einen Outputdurchsatz von rund 20.000 m³ H2 pro Stunde und Erzeugungseinheit bedeutet. Die Investitionskosten der „Element Eins“ und „Hybridge“ genannten beiden Power-to-Gas-Anlagen, die in den Jahren 2022 bzw. 2023 in Betrieb gehen sollen, sollen zwischen 130 und 150 Millionen Euro liegen und würden damit wirtschaftlich günstiger als vergleichbare leistungsstarke Großbatterien sein.