Kompensationsspulen

In elektrischen Wechselspannungsnetzen zur Stromversorgung spielt die sogenannte Blindleistung eine wichtige Rolle. Einerseits wird sie zur Erzeugung (Auf- und Abbau) elektrostatischer oder elektromagnetischer Felder und damit für einen ordnungsgemäßen Netzbetrieb zwingend benötigt, andererseits kann sie im Gegensatz zur nutzbaren Wirkleistung nicht in eine andere Energieform umgewandelt werden. Aus letzterem Grund kommen in der Netztechnik Maßnahmen zur Ausgleichung oder Reduzierung dieser Leistungsform, zum Beispiel in Form von Kompensationsspulen, zur Anwendung.

Kompensationsspulen kommt damit die zentrale Aufgabe zu, das Stromnetz zu stabilisieren, indem sie die auftretende Blindleistung ausgleichen (kompensieren), aber diese bei Bedarf (Unterschuss an Blindstrom) auch bereitstellen können, da nur sie die Übertragung des verbraucherseitig nutzbaren Stroms in einem Wechselspannungsnetz zwischen Kraftwerk und Last gewährleisten kann. Bei einem Invest von rund 1,5 Millionen Euro haben derartige Spulen ein Gewicht von ca. 100 Tonnen und in etwa die Größe eines Eisenbahnwaggons.

Diese Funktion übernahmen früher größtenteils die (Groß-)Kraftwerke über den eingestellten Leistungsfaktor, die als zentrale Kompensation und Bereitstellung die für den sicheren Netzbetrieb notwendige Blindleistung für alle Netzebenen ins Elektrizitätsnetz einspeisten, um dort die Spannung und damit die Frequenz aufzubauen und in der Folge aufrechtzuerhalten. Im Zuge der angestrebten Energiewende vor dem Hintergrund der substituierenden Integration erneuerbarer Energien, der zunehmenden dezentralen Netzrückeinspeisung und der politisch wie wirtschaftlich bedingten Stilllegung von Erzeugungsanlagen wird diese Systemdienstleistung mittlerweile zunehmend von den Netzbetreibern der Übertragungs- und Verteilebenen selbst erbracht, um ihre Verbundnetze jederzeit eigenständig sicher und stabil zu halten.

So finden sich diese Spulen als dezentrale Kompensation oder Bereitstellung und somit zur Stabilisierung des Stromnetzes zum Beispiel verbaut in Umspannwerken, Schaltstationen oder Netzknotenpunkten von Übertragungs- oder Verteilnetzen mit einer installierten Hoch- oder Höchstspannung von bis zu 380 oder 400 kV wieder. Aufgrund der eingangs erwähnten bivalenten Eigenschaft der Blindleistung (Formelzeichen: Q) muss diese von der zuständigen Netzbetriebsführung bis zur Niederspannungsebene herunter kontinuierlich auf ihrem korrekten Niveau QN gehalten werden, um Störungen bei der Elektrizitätsversorgung zu vermeiden, da einerseits ansonsten die Spannung zu stark abfällt (Q(t) < QN) bzw. andererseits zu wenig (Wirk-)Strom über die querschnittsbegrenzten Leitungen transportiert werden kann (Q(t) > QN).

In mit Wechselspannung betriebenen Elektrizitätsnetzen entstehen beim Transfer der elektrischen Energie Blindströme, die ohne Kompensation zwischen Erzeuger und Verbraucher kontinuierlich hin- und herpendeln. Somit müssen auch diese neben den nutzbaren Wirkströmen von den Stromleitungen aufgenommen bzw. transportiert werden können, was in der Folge das Netz belastet bzw. in seiner Kapazität begrenzt. Daher werden technische Betriebsmittel in Wechselstromnetzen bezüglich ihrer Dimensionierung und Anschlussleistung aus Sicherheitsgründen zur Vermeidung einer Überlastung in der Regel für die (rechnerisch maximale) Schein- und nicht für die (geringere) Wirkleistung ausgelegt, zumal die Blindleistung aus den angeführten technischen und / oder wirtschaftlichen Gründen nicht immer vollständig oder teilweise kompensiert werden kann.

Weiterführende Informationen zum Thema finden sich auf dieser Internetseite unter anderem in den Artikeln „Blindleistung“, „Umspannwerke“, „Phasenschieber“ oder „Synchronmaschinen“.