Fracking VI: Ist Shale Gas ein wirtschaftliches Fiasko?

von Christian Großner, M.Sc.

Die Entwicklung der Shale Gas-Förderung in den USA wird in der Öffentlichkeit – abgesehen von den Widerständen aufgrund der Umweltprobleme – oft wie eine typisch amerikanische Erfolgsgeschichte dargestellt. Doch es tauchen seit längerer Zeit auch immer wieder Stimmen auf, die behaupten, dass Shale Gas unprofitabel sei.

So warnte die New York Times davor, dass sich das Erdgasgeschäft als „Blase“ herausstellen könnte. Die Zeitung präsentierte eine Auswertung der Daten von 10.000 Bohrungen im Zeitraum von 2003 bis 2009. Weniger als 20% der nach Aussagen der Unternehmen wirtschaftlichen Areale waren unter den damaligen Marktbedingungen profitabel, behauptet die New York Times in ihrem Artikel „Insiders Sound an Alarm Amid a Natural Gas Rush“ vom 25. Juni 2011.

Es gibt jedoch auch andere Meinungen, die Zweifel am Shale Gas-„Wunder“ zum Ausdruck bringen. Der Erdölgeologe Arthur Berman zum Beispiel erhob zusammen mit dem Erdölingenieur Lynn Pittinger im Jahr 2011 die unabhängige Studie „U. S. Shale Gas: Less Abundance, Higher Cost“ über die Wirtschaftlichkeit von tausenden Förderbohrungen in den drei Shale Gas-Formationen mit der längsten Produktionshistorie. Diese sind das Barnett Shale in Texas, das Fayetteville Shale in Arkansas und das Haynesville Shale in Lousiana.

Sie fanden heraus, dass die Produktionsmengen der ältesten und produktivsten Bohrungen des Barnett Shale im Schnitt jährlich um 44% sanken. Der Rückgang betrug im ersten Jahr sogar 65% und im zweiten Jahr noch 53%. In den nachfolgenden Jahren stellte sich eine Quote von etwa 20% ein. Dies sind bei Shale Gas-Projekten normale Verläufe der Fördermengen (Bildquelle: haynesvilleplay.com).

Im ersten Jahr wird bereits die Hälfte der gesamten Fördermenge eines Bohrlochs produziert. Damit ein Unternehmen seine gesamte Fördermenge konstant halten kann, müssen also immer wieder neue Bohrungen unternommen werden. Damit sind die langfristigen Förderaussichten nur schwer vorhersagbar.

Unter der Berücksichtigung der Kosten für Pacht, Produktion und den allgemeinen Betriebs- und Verwaltungsaufwand dürfte der Break-Even-Preis für Shale Gas laut Berman und Pittinger bei rund 8 bis 9 US-$/Mcf liegen (Mcf = engl. Thousand Standard Cubic Feet = 1.000 Kubikfuß (cft); 1 Mcf Gas ≈ 28,32 m³ Gas). Bei neueren Bohrungen auf Grundstücken mit bereits länger bestehenden Pachtverträgen liegt der Break-Even-Preis im Vergleich dazu bei etwa 5 bis 6 US-$/Mcf.

Die Spotmarkt-Preise lagen in den letzten Jahren – bis auf zwei Ausnahmen im Jahr 2010 – aber unter 5 US-$/Mcf (1,025 US-$/Mcf ≈ 1 US-$/MMBtu [Quelle: EIA], Btu = engl. British thermal unit; 1 MMBtu = 1.000.000 Btu ≈ 1.055 MJ ≈ 293,07 kWh). Auf der Grundlage jährlich gemittelter Preise könnte Shale Gas unter diesen Gesichtspunkten tendenziell unrentabel sein.

Auch die deutsche Rohstoff-Expertin Miriam Kraus berichtete in ihrem Artikel über Shale Gas im Jahr 2009 unter anderem über die Unwirtschaftlichkeit von Shale Gas. Dabei wurde von einem Break-Even-Preis zwischen 5,40 und 7,39 US-$/MMBtu ausgegangen.