Murphy’s Law

In verschiedenen Beiträgen auf dieser Internetseite wurde das Thema Blackout im Sinne eines Schwarzfalls des Elektrizitätssystems angesprochen. Im Zusammenhang mit einem bestehenden Risiko eines Ausfalls der Energieversorgung wird häufig unter anderem das sogenannte „Gesetz“ von Murphy zitiert, das insbesondere auf potenzielles menschliches Versagen bzw. generell auf mögliche Fehlerquellen in komplexen vernetzten Systemen abzielt.

Dieser in vielen Lebenssituationen geläufige Sinnspruch geht auf den US-amerikanischen Ingenieur Cpt. Edward A. Murphy (1918 – 1990) zurück und lautet: „Alles, was schiefgehen kann, wird schiefgehen.“ (engl.: „Anything that can go wrong, will go wrong“). Es handelt sich hierbei jedoch nicht – wie der Name „Murphys Gesetz“ irrtümlicherweise vermuten lassen könnte – um ein Gesetz oder ein Axiom, sondern vielmehr um ein Sprichwort oder eine Redewendung. Weder ist Murphy’s Law ein Naturgesetz, wie zum Beispiel eines aus dem Bereich der Mechanik oder der Elektrodynamik, noch ist es eine allgemeingültige Aussage, hat sich im Laufe der Zeit jedoch wie eine solche im allgemeinen Sprachgebrauch eingenistet.

Der weltweit bekannt gewordene Aphorismus wird stattdessen vornehmlich dann herangezogen, wenn entweder etwas bereits fehlgeschlagen ist, oder aber dass bzw. wenn – wie beispielsweise in einem gegebenen Falle eines drohenden Blackouts des Elektrizitätsnetzes – eine oder mehrere mögliche Fehlerquellen bewusst oder unbewusst unterschätzt werden. Ersteres gibt der Sentenz eher den Charakter einer lakonischen oder gar ironischen ex post-Reaktion im Sinne einer Fehlerbestätigung bezüglich des bereits eingetretenen, möglicherweise vorher sogar absehbaren Missstandes / Schadens. Zweiteres beinhaltet eher den (oftmals situativ berechtigten) Unterton einer konstruktiven Warnung in Form einer ex ante-Aussage, um das eventuell anstehende Ereignis eines potenziellen Systemversagens durch die Ergreifung von geeigneten menschlichen (Entscheidungen, Handlungen) und / oder technischen (Reparaturen, Redundanzen, Retrofit etc.) Maßnahmen zu vermeiden oder zumindest dessen Ausmaß weitestmöglich zu vermindern.

Kritiker bemängeln in diesem Kontext einerseits den Determinismus von Murphys subjektiver Ansicht. So sind Vertreter aus dem Bereich der Wahrscheinlichkeitstheorie der Meinung, dass man weder von vorneherein noch sicher vorhersagen könne, dass alles, was schiefgehen kann, auch fehlschlagen wird (im Sinne von „muss“), sondern eben lediglich fehlgehen kann, da eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit und somit eine deterministische Sicherheit aufgrund der hohen Komplexität sowie der Vielzahl an unbeherrschbaren internen und externen Einflussfaktoren eines Systems insbesondere im technischen Umfeld nicht gegeben sei.

Andererseits wird auch der inhärente pessimistische Grundgehalt der These kritisiert, dass sämtliche Handlungen und Vorgänge zwangsweise und unabwendbar in einem Fehlschlag, einer Niederlage oder einer Katastrophe enden müssen. So findet sich beispielsweise in „Yhprums Gesetz“ eine Umkehrung von „Murphys Gesetz“. Durch die Inversion der fatalistischen Negativ- in eine Positivaussage besagt dieses, dass alles, was funktionieren kann, auch funktionieren wird. Übertragen unter anderem auf das komplexe System der Energieversorgung formulierte Richard Zeckhauser, Professor für politische Ökonomie an der Harvard University, das „Gesetz“ folgendermaßen: „Systeme, die nicht funktionieren sollten, tun es manchmal doch.“

Unabhängig von den teilweise philosophisch anmutenden Diskussionen rund um Murphy’s phänomenologische Erfahrung bzw. Beobachtung aus einem Raketenschlittenprogramm der US Air Force im Jahr 1949 wird dieses vielfach vor dem Hintergrund von Erfahrungswissen für Fehlervermeidungsstrategien zur Erlangung bzw. Maximierung der Ausfallsicherheit durch redundante Systeme auch im vernetzten Bereich der Energieversorgung zitiert.


Trivia: Im Film „Interstellar“ aus dem Jahr 2014 von Regisseur Christopher Nolan trägt die Tochter der Familie Cooper den Vornamen Murphy. Ihr Vater erklärt ihr, dass sie nicht etwa nach „Murphy’s Law“ benannt wurde, weil es etwas Negatives wäre oder etwas Schlechtes passieren würde, sondern weil der Grundsatz eigentlich heiße: „Was passieren kann, wird passieren“ (engl.: „What can happen, will happen“).