Fracking VIII: Auswirkungen auf die Gasmärkte

von Christian Großner, M.Sc.

Bereits im Jahr 2012 klagten die deutschen Erdgasimporteure über eine „Gasschwemme“ in Europa. Diese wurde durch den Shale Gas-Boom in den USA ausgelöst und sorgte in Europa für Überkapazitäten und einen damit verbundenen Preisverfall an den Spotmärkten.

Bedingt durch den starken Anstieg der inländischen Shale Gas-Förderungen in den USA kam es zu einem regelrechten Preissturz: am Henry Hub-Spotmarkt wurde Erdgas Mitte des letzten Jahrzehnts teilweise noch mit bis zu 15 $/MMBtu gehandelt. Diese Preise sind durch die Wirtschaftskrise in den USA seit dem Jahr 2008 auf ein Niveau von ca. 3 $/MMBtu gefallen. Auch der milde Winter 2011/2012 sorgte dafür, dass die Preise im weiteren Verlauf kaum gestiegen sind. Um Druck aus dem Markt zu nehmen, werden in den USA mittlerweile verschiedene Exportterminals für Flüssigerdgas (engl.: liquefied natural gas, LNG) gebaut. Diese werden aber erst in den nächsten Jahren fertig gestellt.

Durch den Preisverfall in den USA wurden LNG-Tanker, die im Atlantik unterwegs waren und ursprünglich die USA zum Ziel hatten, umgelenkt. Das neue Ziel war nun Europa mit seinen höheren Marktpreisen. Diese neuen Kapazitäten waren somit auf dem europäischen Spotmarkt verfügbar.

In Deutschland wurde bisher ein Großteil des Gases über langfristige Lieferverträge mit Ölpreisbindung importiert. Die Kunden der Importeure waren jedoch nicht mehr bereit, diese hohen Preise zu bezahlen, da sie das Gas nun über den Spotmarkt günstiger beziehen konnten. Dies stellte Erdgaslieferanten wie z. B. E.ON Ruhrgas, Essen, vor erhebliche Herausforderungen. So hatte E.ON Ruhrgas beispielsweise im Jahr 2011 einen Verlust in Höhe von 700 Mio. € zu verzeichnen.

Trotz niedriger Preise für verflüssigtes Erdgas in Asien erwarten die Analysten von Thomson Reuters für den Sommer 2015 keine „LNG-Schwemme“ in Europa. In einer Kurzstudie gehen sie von Preisen zwischen 7 und 9 $/MMBtu (umgerechnet etwa 21,40 bis 28,00 €/MWh) in Asien aus. Damit werde die Differenz zu den europäischen Preisen maximal 6 €/MWh betragen. Freie LNG-Mengen aus dem europäischen Raum sowie Überschussmengen aus Katar werden daher in Europa verbleiben.

Dennoch wird es nur zu einem relativ geringen zusätzlichen LNG-Angebot in Nordwesteuropa (Großbritannien, Belgien, Niederlande) kommen, wenn die Analyse von Thomson Reuters stimmt. Zum einen wird eine zusätzliche LNG-Nachfrage in Ägypten, aber auch in Polen und Litauen einen Teil des Angebotes absorbieren. Zum anderen werden Instandhaltungsarbeiten in Katar und Nigeria sowie ein möglicher Ausfall des LNG-Exportterminals im Jemen aufgrund der dortigen Unruhen das Angebot beschränken.

Vor diesem Hintergrund erwarten die Analysten für Nordwesteuropa im Sommer deshalb nur ein zusätzliches Angebot in Höhe von 1,5 Mrd. m³ Flüssigerdgas. Im Vergleich dazu haben Großbritannien, Belgien und die Niederlande im Sommer 2014 insgesamt 9 Mrd. m³ LNG importiert.


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