Der Handel mit Emissionszertifikaten aus Unternehmenssicht

Im vorigen Artikel wurde der Emissionshandel in Deutschland in seinen Grundzügen als ein marktbasierter Ansatz zum Erreichen der im Kyoto-Protokoll definierten Emissionsziele vorgestellt. Wesentlich für Unternehmen ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, den Handel mit Emissionszertifikaten als zusätzliche Einnahmequelle zu nutzen. Denn Firmen bzw. Länder, die das Abkommen ratifiziert haben, sind nicht nur verpflichtet, die dort determinierten CO2-Emissionsziele zu erfüllen, sondern gleichzeitig auch berechtigt, am weltweiten Handel mit Emissionszertifikaten teilzunehmen. Dieser ermöglicht es Staaten bzw. Unternehmen, die ihre Treibhausgasemissionen stärker als erforderlich senken, ihre überschüssigen Reduktionen zu nutzen bzw. mit diesen zu handeln, um sie mit Emissionen aus anderen Quellen inner- oder außerhalb des Landes zu verrechnen.

Auf der Grundlage des 2005 für energieintensive Branchen beschlossenen Handels mit Emissionsrechten in der Europäischen Union können Unternehmen, die das ihnen zugeteilte Kontingent bzgl. des Ausstoßes an Treibhausgasen[*] nicht ausschöpfen, die verbliebenen Zertifikate an andere Firmen verkaufen. Emissionszertifikate sind somit handelbare Umweltnutzungsrechte, die insbesondere für Betreiber regenerativer Energieproduktionsanlagen eine additive lukrative Einnahme- bzw. Kostenreduktionsmöglichkeit darstellen. So haben Emissionsverursacher nunmehr die Option, je nach ihrer individuellen Kostenstruktur zu entscheiden, ob sie für die Emission von Treibhausgasen entweder entsprechende, in Wertpapieren verbriefte Anrechte zu Marktpreisen erwerben oder aber diese durch den zusätzlichen Betrieb von erneuerbaren Energieerzeugungseinheiten reduzieren respektive sogar gänzlich vermeiden. Beide Varianten führen letztlich zum Ziel der Ereichung der im Kyoto-Protokoll festgesetzten Emissionsreduktionsziele.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Teil der zugesagten Ausstoßreduktion durch Projekte in Entwicklungsländern („Clean Development Mechanism“, CDM) zu erfüllen: einem Industrieland, das in ein Erneuerbare-Energien-Projekt in einem Entwicklungsland investiert, werden entsprechend „Emissionen“ gutgeschrieben, da durch das Vorhaben der Ausstoß an Treibgasen effektiv gesenkt oder vermieden wird. Mit dieser Gutschrift kann es nun entweder seine eigenen Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung vermindern oder aber diese über den Emissionshandel auf dem internationalen Zertifikatsmarkt an andere Industrieländer weiterverkaufen.

Ebenso funktioniert das Prinzip des „Joint Implementation“ (JI): dieser Mechanismus offeriert Industrieländern die Möglichkeit, durch gemeinsam realisierte Klimaschutzprojekte in anderen teilnehmenden Industrieländern Emissionsgutschriften zu erwerben, die auf die eigenen Verpflichtungen angerechnet werden können. Diese Variante repräsentiert zusammen mit CDM zwei Optionen zur Verringerung des jeweiligen Emissionskontingents ohne eigene Reduktionsverpflichtung. Zusammen mit dem Emissionshandel bilden sie die drei sog. flexiblen Mechanismen (auch: „Kyoto-Mechanismen“), die den partizipierenden Vertragsstaaten Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Reduktionsziele erlauben.

Der durch das Emissions Trading geschaffene Anreiz besteht darin, dass „Umweltsünder“ zusätzliche Anstrengungen unternehmen bzw. Rechte zukaufen müssen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Wer diese nicht einhält, muss mit Sanktionen rechnen. Der Emissionshandel beinhaltet weiterhin den großen ökonomisch-ökologischen Synergieeffekt, dass durch dieses System Emissionsminderungen dort erfolgen, wo die Vermeidungskosten am geringsten sind. So wird die ökonomische Effizienz des Klimaschutzes einerseits erhöht und anderseits die vorgegebene ökologische Zielerreichung sichergestellt. Durch den Emissionshandel können die EU-weiten Kosten zur Verringerung von Treibhausgasemissionen um 25 bis 30% gesenkt werden; weitere Kosten von bis zu 20% können durch CDM und JI eingespart werden.


[*] Hydrofluorcarbone (HFC), Perfluorcarbone (PFC), Schwefelhexafluoride (SF6), N2O, CH4, CO2